Fachliche Grundsätze und Methoden

Unsere Förderansätze

Mit viel Wissen und Engagement gewährleisten wir eine individuelle Förderung und Begleitung. Die Auswahl der Förderansätze richtet sich nach persönlichen Ressourcen, altersspezifischen Lernfeldern sowie nach entwicklungsspezifischen Grundlagen.

Ein Schwerpunkt unserer täglichen Arbeit ist es, den Menschen, die wir begleiten, Orientierung durch Struktur und Wissen zu geben. Dafür nutzen wir ein breites Repertoire an autismusspezifischen Methoden und Förderansätzen.

Die Stiftung Kind und Autismus hat sich auf folgende Ansätze und Methoden spezialisiert.

TEACCH

TEACCH steht für «Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children» und ist ein ganzheitlicher, pädagogischer Ansatz für Menschen mit Autismus. Es wird bei den Interessen und Stärken der Betroffenen angesetzt. Dabei werden das autistische Denken und die damit verbundenen typischen Schwierigkeiten berücksichtigt. Beim strukturierten Unterrichten spielen Visualisierungen eine wichtige Rolle. Der Fokus liegt darauf, den eigenständigen Umgang im Alltag und mehr Selbstbestimmung zu erlernen. 

Seine Prinzipien umfassen:

  • Strukturierte Umgebung
  • Individualisierung
  • Visualisierung
  • Strukturierte Lernaktivitäten
  • Lebenspraktische Fähigkeiten
  • Positive Verstärkung
  • Integration in den Alltag
  • Zusammenarbeit mit Familien

Ein zentraler Aspekt von TEACCH ist dementsprechend persönliche visuelle Strukturierung der Lernumgebung auf verschiedenen Ebenen. Eine klare Struktur gibt Kindern und Jugendlichen im Autismus-Spektrum Orientierung und Sicherheit. Sie hilft dabei, Zusammenhänge zwischen Arbeitsaufgaben und Abläufen zu verstehen. Beispielsweise lernen die Kinder und Jugendlichen, wo sie benötigte Hilfsmittel finden, wie sie diese verwenden, was danach passiert und welche weiteren Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

TEACCH ist aus dem gleichnamigen Forschungsprojekt und Behandlungsprogramm an der Universität von North Carolina / USA entstanden. Der Ansatz wurde in den 1960er Jahren von Eric Schopler und seinen Kollegen an der University of North Carolina at Chapel Hill auf Initiative betroffener Eltern entwickelt. 


Unterstützte Kommunikation (UK)

Unterstützte Kommunikation (UK) ermöglicht es Menschen mit wenig oder keiner verbaler Sprache, sich mitteilen zu können. Ziel ist es, die kommunikative Situation zu verbessern. UK hilft dabei, Bedürfnisse auszudrücken, Informationen zu teilen, soziale Nähe herzustellen und an sozialen Routinen teilzunehmen. Mit UK können die kommunikativen Möglichkeiten von Menschen, die nicht oder kaum über Laut- oder Schriftsprache verfügen, erweitert und das Sprachverständnis verbessert werden. UK wird sowohl von Personen mit Kommunikationsbeeinträchtigungen als auch vom Umfeld verwendet.

UK berücksichtigt alle Kommunikationsmöglichkeiten einer Person. Sie umfasst körpereigene Kommunikationsformen wie Mimik, Gestik, Gebärden oder Laute. Zudem gibt es extern unterstützte Kommunikationsformen. Einerseits sind dies Hilfsmittel wie Gegenstände und Bilder (Piktogramme, Fotos) andererseits umfasst dies elektronische Hilfsmittel wie Sprachausgabetaster oder Sprachcomputer.

UK geht davon aus, dass jeder Mensch ein Bedürfnis nach Kontakt und ein Anrecht auf Kommunikation hat. Sie betont das Recht eines jeden Menschen auf Selbstbestimmung, Partizipation und soziale Interaktion.

Um eine gezielte Kommunikation zu ermöglichen und das Sprachverständnis optimal zu unterstützen, wird bei jeder Schülerin und jedem Schüler individuell geschaut, was sie/er braucht, um möglichst selbstwirksam im Alltag teilhaben zu können. Ziel ist ein multimodales, individuelles Kommunikationssystem.

Folgende Kommunikationsmethoden kommen bei uns an der Stiftung unter anderem zum Einsatz:

Modelling

Das Modelling gilt als eine zentrale Methode im Erlernen von UK. Wir als Bezugspersonen sind Sprachvorbilder und zeigen den Schüler/innen, wie sie sich mittels UK mitteilen können. Dies geschieht, indem wir selbst UK anwenden. Es ist wie beim Erlernen einer Fremdsprache. Wir benennen Handlungen und Gegenstände und kommentieren und versprachlichen, was wir sehen/hören mittels UK. So lernen die Schüler/innen neuen Wortschatz und erfahren, wie UK verwendet wird. Durch Modelling wird den Kindern und Jugendlichen beispielsweise die Handhabung von Kommunikationstafeln, Kommunikationsordnern oder elektronischen Hilfsmitteln beigebracht.

PECS

PECS (Picture Exchange Communication System) ist ein Kommunikationssystem mit Symbolkarten, das Ende der 1980er-Jahre in den USA von Lori Frost und Andy Bondy vom Delaware Autistic Program für Menschen im Autismus-Spektrum entwickelt wurde. Es ermöglicht Menschen mit Schwierigkeiten in der Kommunikation bzw. bei nicht vorhandener Kommunikation mittels Bildkarten oder auch Realgegenständen in einen kommunikativen Austausch mit der Umwelt zu gelangen. Ziel ist es, die eigenständige Kommunikation der Betroffenen zu fördern und zu ermöglichen.

Insbesondere wird das Initiieren von Kommunikation erleichtert, sodass nicht-sprechende Kinder und Jugendliche nicht warten müssen, bis sie gefragt werden, sondern ihre Wünsche und Bedürfnisse von sich aus äussern können. Das Grundprinzip von PECS beruht auf dem Gedanken, dass Kommunikation ein Geben und Nehmen ist. Konkret bedeutet das: Eine Person gibt einer anderen Person eine Symbolkarte und erhält dafür den gewünschten Gegenstand oder die gewünschte Handlung.

Die Kommunikationshilfe wird bei Betroffenen mit Autismus-Spektrum-Störung oder anderen Entwicklungsstörungen über sechs Phasen hin etabliert. Es setzt auf die Anwendung spezifischer Hilfe- und Verstärkungsstrategien, um die eigenständige Kommunikation der Betroffenen zu fördern.

PECS Kommunikationsordner und viele weitere Hilfsmittel finden Sie in unserem Online Shop.

Gebärden

Ausgehend von alltäglichen Situationen und den Interessen der Kinder und Jugendlichen werden die Gebärden zusammen mit der realen Tätigkeit oder dem Objekt eingeführt und angewendet. Indem das entsprechende Wort und die dazugehörende Gebärde zusammen verwendet werden, wird die Bedeutung der Gebärde gelernt, das Sprachverständnis verbessert und die Verständigung im Alltag erleichtert. An der Stiftung verwenden wir die PORTA-Gebärden.

Elektronische Kommunikationsmittel

Neben nicht-elektronischen Hilfsmitteln wie Zeigetafeln oder Kommunikationsordnern gibt es auch elektronische Kommunikationshilfsmittel. Es handelt sich dabei unter anderem um Tablets mit einer Kommunikations-App (z.B. MetaTalk, NovaChat mit LoGofoXX, TDSnap). Die Finanzierung eines Sprachcomputers läuft in der Regel über die IV. Nachdem ein Antrag auf ein Hilfsmittel gestellt wurde, überprüft die IV den Bedarf. In Zusammenarbeit mit den Eltern und einem Hilfsmittelanbieter, wird die für das Kind oder den Jugendlichen richtige Kommunikations-App ermittelt und eingeführt. Wir arbeiten eng mit den Hilfsmittelanbietern Active Communication und b-at zusammen.

Affolter-Modell

Gemäss dem Entwicklungsmodell der Logopädin und Psychologin Dr. Félicie Affolter lernen Kinder, indem sie sich mit den Dingen in ihrer Umwelt auseinandersetzen. Der Ansatz geht davon aus, dass Lernen beim Lösen von alltäglichen Situationen stattfindet. Die Kinder und Jugendlichen werden durch eine Situation geführt und lernen, gemeinsam ein alltägliches Problem zu lösen. Dabei spielt das Berührungs- und Bewegungssystem eine zentrale Rolle. Die daraus gewonnenen Erfahrungen regen Denkprozesse an. Bei Kindern mit Wahrnehmungsauffälligkeiten können diese Grunderfahrungen fehlen. Ziel ist es, dass die Kinder und Jugendlichen alle Informationen, die zur Handlung gehören, miteinander in Beziehung bringen und schliesslich die eigene Wahrnehmung soweit steuern können, um die Tätigkeiten selber auszuführen.

Banking Time

Im Schuljahr 2022/23 wurde der Banking-Time-Ansatz des amerikanischen Psychologen Robert Pianta eingeführt. Dieses Konzept ermöglicht es Schüler/innen mit herausforderndem Verhalten, verlässliche Bindungserfahrungen zu machen. In verbindlich festgelegten Zeitfenstern erleben die Kinder und Jugendlichen in Einzelsettings, dass die Lehr- oder Fachperson zuverlässig für sie da ist und dass sie sich für ihr Tun interessiert, ohne sie zu bewerten. Die Spiele und Aktivitäten für diese Einzelsettings dürfen die Kinder und Jugendlichen selbst auswählen. Studien belegen, dass Banking Time zu besseren Beziehungen zwischen Schülern/innen und Lehrpersonen sowie zu weniger auffälligem Verhalten im Unterricht führt. Lehrpersonen berichten zudem, dass sie in diesem Rahmen ihre Schüler/innen mit neuen Augen sehen konnten (Beschrieb in Anlehnung an Detlev Vogel, Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, Jg. 25, 3/2019).

Methoden zum Beziehungsaufbau

Das Kind macht in geführten Sequenzen die Erfahrung, dass das Spielen und Handeln mit anderen mehr Freude bereitet als alleine. Eine gute Beziehung zum Kind wird systematisch aufgebaut. Es wird bei der Selbstregulation unterstützt,  seinen Interessen abgeholt und lernt, emotionale Interaktionen zu initiieren. Berücksichtigt werden Ansätze von RDI und DIR/Floortime.

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